Ursachen der Depression: 2.1. Ungleichgewicht von Transmittern und Hormonen
Biochemische Faktoren scheinen beim Entstehen von Depressionen eine entscheidende Rolle zu spielen. Neueste Forschungsergebnisse legen nahe, dass Störungen des Transmitterhaushaltes die wahrscheinlichste Ursache für depressive Symptome sind. Besonders die Bereiche des Hypothalamus, des Hippocampus und des Kortex sind für Änderungen ihrer Anteile anfällig.
Bereits in den 50er Jahren erkannten Ärzte, dass ein Mangel des Botenstoffs Noradrenalin das Entstehen von Depressionen begünstigt. Damals stellten die Mediziner fest, dass Personen, die das blutsrucksenkende Mittel Reserpin einnahmen, verstärkt an Depressionen erkrankten. Als Ursache erkannten sie die spezielle Wirkungsweise des Medikamentes: Reserpin senkt die Konzentration von Noradrenalin in den im Gehirn lokalisierten Neuronen.
Heutzutage ist die Annahme, dass ein Mangel an Noradrenalin Depressionen auslösen kann, unter dem Begriff „Katecholamintheorie“ bekannt. Die Wissenschaftler gaben ihr diesen Namen, da Noradrenalin der Gruppe der Katecholamine angehört.
Zudem konnte festgestellt werden, dass der relative Anteil von Noradrenalin gegenüber Acetylcholin die Gemütslage beeinflusst. Ein Überwiegen von Noradrenalin gegenüber Acetylcholin scheint manische Zustände hervorrufen, während der umgekehrte Fall, also ein relativer Überschuss von Achetylcholin, zu Depressionen führt.
Aber nicht nur ein Mangel an Noradrenalin wird mit Depressionen in Zusammenhang gebracht. Auch Serotonin scheint einen eminenten Einfluss auf die Affektivität zu haben.
Die Annahme, dass ein Mangel an Serotonin für das Entstehen von Depressionen primär verantwortlich ist, wird aufgrund der Zugehörigkeit des Neurotransmitters zu den Indolaminen, als „Indolamintheorie“ bezeichnet.
Die SAD erklären viele Mediziner durch die natürliche Abnahme von Serotonin bei Lichtmangel.
Die Dunkelheit im Winter senkt den Serotonin-Spiegel, wodurch das Auftreten von Depressionen begünstigt wird.
Neben Noradrenalin, Acethylcholin und Serotonin beeinflusst auch die Konzentration von Dopamin die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer Depression.
Auch Ausschüttung von Hormonen beeinflusst die Tätigkeit unserer Organe und unser Seelenleben. Bei Stress wird zum Beispiel die Ausschüttung von Adrenalin ins Blut gesteigert und so der menschliche Körper auf die Reaktionsoptionen Kampf oder Flucht vorbereitet. Bei Belastungen wird Kortisol ausgeschüttet.
Die Tatsache, dass der Kortisolspiegel bei vielen Depressiven erhöht ist, spricht dafür, dass die Überproduktion ursächlich für die affektive Störung sein könnte. Vermutlich stellt das Kortisol einen begünstigenden Faktor dar.
Aufgrund der vielfältigen Befunde gehen Experten davon aus, dass nicht einer dieser Stoffe für das Vorliegen depressiver Störungen verantwortlich zu machen ist.
Die Genese der Depression scheint weitaus komplexer zu sein.
Es ist zum Beispiel denkbar, dass durch eine mangelnde Transmitterkonzentration weitere neurochemische Systeme beeinflusst und letztlich aus dem Gleichgewicht gebracht werden könnten, wodurch sekundär eine Depression ausgelöst werden könnte.
Letztlich scheint die kombinierte veränderte Funktionsweise der biochemischen Systeme eine Regulationsstörung im diencephalen Verstärkersystem auszulösen und damit zum Entstehen der Depression hervorzurufen.