Symptomatik der Depression - 2. Motivationale und kognitive Lage
Die emotionale Leere hat Auswirkungen auf die motivationale Lage. Tätigkeiten, denen die Betroffenen bisher mit Freude nachgegangen sind, verlieren ihren Reiz. Die Antriebslosigkeit kann so stark sein, dass sich die Betroffenen zwingen müssen, sich mit Freunden zu unterhalten, Nahrung zu sich zu nehmen oder sexuell aktiv zu werden. Der Verlust der Aktivität mündet häufig darin, dass depressive Personen ihre sozialen Kontakte völlig vernachlässigen. Sie verspüren in der Regel den Wunsch, allein zu sein. Viele verbringen lange Zeit im Bett. Zwar werden die Betroffenen schon in den frühen Morgenstunden wach, bleiben aber bis in den späten Nachmittag liegen, da sie keinen Anreiz sehen, aufzustehen. Das Aktivitätsniveau kann so weit sinken, dass sich ihre Bewegungen verlangsamen. Die Sprechweise ist häufig monoton und die Stimmlage leise.
Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistungen können sich im Zuge der Depression verschlechtern. Neben der geistigen Verwirrung, von der einige Betroffene berichten, scheint die mangelnde Motivation Grund für die schlechteren kognitiven Leistungen zu sein.
Das Denken Depressiver ist meistens von einem negativen Zukunftsbild geprägt. Negative Erlebnisse werden überbewertet und Positives wird ausgeblendet. Die negative Sicht der Zukunft ist an eine internalisierende Attributionsform gebunden. Unangenehme Ereignisse werden als selbstverursacht angesehen, selbst wenn die betroffene Person keinen Einfluss auf diese hatte. Andersherum werden positive Situationen als zufällig und unabhängig von der eigenen Leistung erfolgend bewertet. Insgesamt spricht man von einem pessimistischen Attributionsstil.
Dieser ist oft mit „Gelernter Hilflosigkeit“ verbunden, also Passivität in Folge mangelnder Kontingenzerfahrungen. Minderwertigkeitsgefühle und Antriebslosigkeit führen häufig dazu, dass die Betroffenen Selbstzweifel entwickeln und unsicher werden. Begünstigt von Aufmunterungsversuchen der Mitmenschen im Sinn von „Ist doch gar nicht so schlimm“ und Appellen, sich zusammenzureißen, entwickeln fast alle depressiven Menschen starke Schuldgefühle und Selbstvorwürfe. Gedanken an den Tod und Suizidpläne sind bei Depressiven sehr häufig.
Sie stellen eines der schwerwiegendsten Symptome dar. Meistens sind es akute Selbstmordpläne oder Suizidversuche, die eine stationäre Unterbringung des psychisch Erkrankten notwendig machen.